Wanderung auf dem Skulpturenweg in der Fränkischen Toskana

Sängerehrenmal
Sängerehrenmal
Datum:
Mi. 17. Nov. 2021
Von:
Magdalena Dotterweich und Sabine Kraus

Bereits Anfang Februar 2020 beschlossen die beiden Gruppenleiterinnen der SHG Verwaiste Eltern Bamberg die jährliche Wanderung der Erzdiözese für trauernde Eltern und Geschwister für das Jahr 2021 mit auszurichten. Zu dieser Zeit war Corona vorrangig ein Thema in China, aber bereits im März 2020 war die Pandemie auch bei uns angekommen und bestimmte fortan das Leben.

Tür Skulpturenweg
Tür Skulpturenweg

Viele Monate  konnten keine Gruppentreffen stattfinden und auch die für 8. Mai 2021 geplante Wanderung musste auf den 19. September 2021 verschoben werden. Der Treffpunkt am  Wandertag war der Parkplatz vor dem Ortseingang Lohndorf. Die angemeldeten Teilnehmer trafen gegen 13.00 Uhr ein, darunter auch Eltern aus der Oberpfalz und den Regionen Bayreuth und Nürnberg.

Startpunkt: Skulptur Ammonit

Mit der Skulptur Ammonit, in der Form einer riesigen Schnecke, der Ausgangspunkt eines Rundweges, stimmten wir uns nach der Begrüßung und einigen organisatorischen Hinweisen auf die Wanderung ein.

Inspirationen zum 1. Wegzeichen:

Schnecke: Langsames Tempo, beschwerliche Fortbewegung, hoher Kraftaufwand, viel Geduld. Spirale: Unendlichkeit, neue Schöpfung, Wandel und Wiederkehr.

Hier finden wir viele Eigenschaften aus der Trauer wieder, so auch in dem Text „Mein Weg der Trauer“ mit dem wir den Startpunkt abschlossen. „Ich will diesen Weg gehen, so schwer er auch sein mag. Und sicher wird es immer beides geben, Tränen, Wut, Schmerz und Verzweiflung, aber auch Hoffnung, Liebe und Dankbarkeit.“

1. Haltepunkt: Skulptur Kapelle und Dorn

Inmitten einer Wegegabelung befindet sich eine Kapelle mit Marienstatue mit Kind (Lichteinfall von oben und Blick zum Himmel), gegenüber die Dorn-Skulptur („Dir selbst aber wird ein Dorn durch die Seele dringen“ LK 2,35). An diesem Ort werden Gefühle, die uns in der Trauer begegnen, greifbar. Dieser Gegensatz zwischen Schmerz und Trost, Tränen und Hoffnung, Verzweiflung und Liebe ist hier fühlbar und erinnert an den Text am Startpunkt.

Die Teilnehmer waren eingeladen beide Orte aufzusuchen, sich dann zwischen den beiden Orten zu positionieren, eine Weile an diesem Ort zu verharren und einfach spüren, wie es sich anfühlt. In der Bewegung innehalten – mitten im Tag- sich vergewissern: Wie bin ich jetzt gerade da? Nach dieser Einfühlübung ging der Weg weiter.

2. Haltepunkt: Lebensschiff

Auf einem Boot aus Holz sind unterschiedliche Paddel aufgestellt. Es fällt auf, einige Paddel sind komplett, einige haben ein Loch und einige wirken wie Stangen. Wie die unterschiedlichen Paddel genutzt werden können, so ähnlich verhält es sich auch in der Trauer. Das funktionstüchtige Paddel wird gebraucht, um flott vorwärts zu kommen. Vielleicht ist man aber damit zu schnell und übersieht so manches. Mit Paddeln, die ein Loch aufweisen, geht es langsamer voran, aber es kostet dann auch viel Kraft. Die stangenähnlichen Paddel symbolisieren, dass es manchmal nur wichtig ist etwas was zu haben, womit man ein wenig stochern kann z. B. um nach einen festen Grund zu suchen.

In der Trauer ist es wertvoll, Personen an der Seite zu haben, die begleiten und unterstützen, die helfen die Perspektive zu ändern, um wieder in Bewegung zu kommen. Jede und jeder von uns hat solche Wegweiser. Nach dem Text: „Manchmal möchte ich ein Engel sein“ setzten wir unseren Weg fort.

Zwischenhalt: Aussichtspunkt

Kurz danach verließen wir den Skulpturenweg und hielten inne an einem Aussichtspunkt. Vor uns lag die Landschaft ausgebreitet mit Blick auf die Gemeinde Litzendorf, das Ellertal, Schloss Seehof und weiter über Bamberg hinweg bis zum Steigerwald. Staunend was sich da auftat, ließen wir diesen besonderen Weitblick auf uns wirken. Anschließend führte uns der Weg nach einem kurzen Anstieg zum „Hohen Hahn“ - eine weit ins Tal vorstoßende Nase des Geisbergs - so die Beschreibung dieses Platzes, unsere nächste Station.

3. Haltepunkt: Sängerehrenmal

Das Ehrenmal wurde nach dem 2. Weltkrieg für verstorbene Sänger geschaffen. Es besteht aus zwölf Kalksandstein-Säulen mit einem Altar in der Mitte und wird als das einzige Sängerehrenmal in Deutschland bezeichnet. 

Die Teilnehmer, die sich nach der Einleitung über die Bedeutung des Ehrenmals auf die Stufen nieder gelassen hatten, wurden eingeladen sich um den Altar zu gruppieren auf dem inzwischen, umgeben von Kerzen, eine Flammenschale entzündet war. Dieser Ort schien wie geschaffen erstmalig bei einer Wanderung in besonderer Weise unserer verstorbenen Kinder zu gedenken. Das anschließende Verlesen und Hören der Namen der Kinder berührt immer wieder. Durch die Kerzen, die dann nacheinander von den Eltern am Altar entzündet wurden, sowie durch das eigene Aussprechen des Namens, entsteht eine tiefe Verbundenheit zum verstorbenen Kind.

Die Kerze ist ein tröstendes Element und symbolisiert, dass das Licht der Verstorbenen immer noch leuchtet und dass sie unvergessen sind. In dieser besinnlichen Situation wirkte die lateinische Inschrift der Gedenktafel am Altar „Mortui vivimus“ in der Übersetzung „Wir Tote leben“, wie ein tröstlicher Zuspruch unserer verstorbenen Kinder an uns Eltern. Der zum Abschluss vorgetragene Text: „Beim Aufgang der Sonne“, zeigte auf, wo immer wir auch sind, unsere Kinder werden in unserer Erinnerung weiter leben. 

Das Wegzeichen auf den entzündeten Kerzen wurde unser nächstes Ziel.

4. Haltepunkt: Tür

Die letzte Station der Wanderung war eine große, geöffnete Holztür. Sie steht am Wegrand auf einer Wiese mit einem wunderschönen Weitblick ins Ellertal.

Hier wurde zum kurzen Verweilen eingeladen und jeder konnte die überdimensionale Tür auf sich wirken lassen. Die sich anschließenden zusammengetragenen Bedeutungen und Sichtweisen dieses Wegzeichens waren vielfältig. Wichtig war und ist uns allen jedoch die Offenheit für das Leben auf unseren weiteren Lebensweg. Nach einem Segensgebet stimmten alle zum traditionellen Abschlusslied „Möge die Straße uns zusammenführen…" ein. Das letzte Wegstück führte uns zum Ausgangspunkt zurück.

Dort folgte ein kurzes Abschiedsritual und zur Erinnerung an die diesjährige Wanderung konnten alle einen kleinen Ammoniten mit nach Hause nehmen. Der Einladung zur Einkehr zum Gasthof nach Tiefenellern folgten die meisten Teilnehmer. Mit einem Abendessen und guten Gesprächen endete unser Wandertag.

Für die positiven Rückmeldungen zur Wanderung sind wir sehr dankbar, die wir gerne mit  Wolfgang Eichler( Erzdiözese) teilen. Aus familiären Gründen konnte er an der gemeinsam geplanten Wanderung nicht teilnehmen, doch durch seine vorbereiteten Anleitungen war es uns möglich, die Wanderung kurzfristig zu übernehmen und durchzuführen.